You are currently viewing Ein denkwürdiger erster German Whisky Award

Es stand viel auf dem Spiel. Oder besser gesagt einiges. Denn erstmals wurde der German Whisky Award im Rahmen des Festival des Deutschen Whiskys vergeben. Ein neuer Award. Ein anderer Rahmen. Neue Partner. Und viel mehr Beteiligte und Nominierte als es Gewinner geben konnte. Es lag Spannung in der Luft. Sichtbar. Und das auf allen Seiten. Und doch lebte die Award-Verleihung von einer überaus herzlichen Atmosphäre. Trotz Pannen. Und obwohl nicht alles perfekt saß. Ein Rückblick aus Sicht eines unmittelbar Involvierten.

Ist jemand, der unmittelbar an der Verleihung beteiligt ist und die ganze Zeit auf der Bühne steht, überhaupt in der Lage, adäquat über diesen Event zu berichten? Sicher! Man ist näher dran, vor allem an den Emotionen auf der Bühne. Aber ist man auch objektiv genug dafür? Nun, probieren wir beides zugleich: aus nächster Nähe berichten und doch den roten Faden halten. Als Verantwortlicher für den Whisky Guide Deutschland war es naturgemäß mein Job, die Preise zu überreichen. Als wunderbare Partnerin steht mir an diesem Abend Michaela „Ela“ Habbel zur Seite, die Präsidentin des Verband Deutscher Whiskybrenner (VDW). Der VDW und der Guide sind die zwei Partner, die den neuen German Whisky Award verantworten.

Eine Verleihung im Zentrum des Geschehens

Von der Bühne aus, 50 Zentimeter erhöht, blicken wir an diesem 3. Mai um genau 19.30 Uhr in den Hauptsaal des Festivals. Zu unseren Seiten, gegenüber am Ende und in der Mitte des hübsch und festlich wieder hergerichteten alten Saales eines früheren Pfarrhauses haben sich gut 15 deutsche Whiskybrenner aufgebaut. Hinter und unter uns, aber auch im Aufgang zu dem Saal stehen nochmals etwa die gleiche Anzahl deutscher Brenner. Es ist ein Stelldichein dessen, was der Deutsche Whisky zu bieten weiß. In diesem Moment könnte ich mir partout keine bessere Kulisse für die Verleihung denken. Sie wirkt würdevoll, reich und vielfältig, und zugleich ausgesprochen lebendig. „Ela“ Habbel sagt zur Eröffnung ans Publikum gerichtet, es käme ihr so vor, als würde der German Whisky Award in der Kooperation von VDW und Guide und insbesondere im Rahmen des Festivals quasi nach Hause kommen. Sie trifft damit den Nagel auf den Kopf.

Die Erbendorfer Turmbläser bei der Award-Verleihung.

Ein musikalischer Sidekick als Geschenk des Himmels

Doch es kommt noch besser. Hausherr und Gastgeber Gregor Schraml von der gleichnamigen Brennerei hat uns zudem eine musikalische Begleitung zum Festakt besorgt: die „Erbendorfer Turmbläser“. Was für eine Mega-Truppe! Gestandene Musiker, die problemlos spontan sein können. Ihre Sidekicks sind glatt fernsehreif. Und für uns auf der Bühne sind sie ein Geschenk des Himmels. Denn, nein, wir kommen nicht ohne Pannen durch. Das Mikro, leider das einzig funktionstüchtige in diesem Saal, gibt nach weniger als zehn Minuten den Geist auf. Und doch geht parallel die Ausstellung des Festivals weiter. So war es auch geplant. Heißt aber: Es hat laute, störende Geräusche im Hintergrund. Das fordert alle – auf der Bühne und im Publikum. Langes Reden ist nun kaum mehr möglich. Doch im Einklang mit den Musikern und ihren so gekonnten, kleinen Einlagen sowie mit einem wirklich begierig vor der Bühne zuhörendem Auditorium gelingt die Verleihung trotzdem. Selbst, dass wir in der Hektik des ersten Males nicht dran denken, die Pokale mit auf die Bühne zu nehmen, fällt nicht auf. Und kurzerhand ausgebügelt, gibt es am Schluss sogar noch alle Fotos mit Urkunde und Pokal auf der Bühne.

Im großen Hauptsaal drängten sich die Gäste zur Award-Verleihung dicht an dicht.

Viele Momente, die unter die Haut gehen

Dieses Auf und Ab macht die erste German Whisky Award-Verleihung schon denkwürdig. Luft nach oben gibt es sicher. Und trotzdem empfindet man sie – so weithin die Resonanz – als Erfolg. Und das liegt wohl daran, weil der Spirit stimmte. Und weil die Verleihung wieder und wieder zu Herzen ging. Unvergessen, allein, die Reaktion von „Steffi“ Klöckner, als sie für die Birkenhof Brennerei die Urkunde für den 2. Platz in der Kategorie Best Whisky Destillerie in Empfang nimmt. Auf der Bühne bekennt sie offen, dass sie damit nicht gerechnet hat und echte Gänsehaut habe. Und das war gut zu merken. Oder nehmen wir nur die Verkündigung des Award-Siegers in der Kategorie Best Single Malt des Jahres. Selbst „Ela“ Habbel wusste nicht das Ergebnis. Als ich ihr die Urkunde reiche und sie den Namen „Marder Edelbrände“ vorliest, ist sie nicht nur sichtlich gerührt über diese unerwartete Auflösung. Für alle spürbar ist auch ihre große, Respekt bezeugende Freude darüber. Und derlei Bilder und Emotionen ließen sich zigfach aneinanderreihen. Will heißen: Es gab viele schöne, würdigende und von Respekt und Anerkennung getragene Momente an diesem Abend – und das durch alle sechs verliehenen Kategorien hindurch.

Perspektiven und Verbesserungen

Aber natürlich hätte ich als Laudator manchmal gern mehr zu einem Award oder aber einer Platzierung gesagt. Die schwierige Sprechsituation erlaubte dies nicht. Stattdessen lag in der Kürze die Würze. Doch nicht nur die Zweit- und Drittplatzierten, sondern auch die Silber- und Goldmedaillen-Gewinner hätten ab und an sehr wohl einen Satz mehr noch zur Würdigung verdient. Auch manche Abwägung in der Jury blieb an diesem Abend nicht gesagt – gerade bei schwierigeren Entscheidungen, bei denen im sechsköpfigen Gremium lange um die Lösung gerungen wurde – wie etwa bei der erstmaligen Kür der besten Whisky Destillerie des Jahres. Zu Ende gedacht ist da längst noch nicht alles beim German Whisky Award.

Ein Award mit Zukunft

Und dennoch, bei allem Wenn und Aber, so meine ich, hat es die erste Award-Verleihung geschafft, in neuer Konstellation auch neue Maßstäbe zu setzen. Allen voran gilt das für die drei Best Whisky Awards auf Basis der größten Blindverkostung Deutscher Whiskys, die je stattgefunden hat. Alles in allem, so meine ich, stimmt also die Richtung. Und Kulisse und Atmosphäre haben eh rundum überzeugt.

www.whiskyguide-deutschland.de
www.deutsche-whiskybrenner.de

Bild/Bezugsquelle: Whisky Guide Deutschland (www.whiskyguide-deutschland.de)

Zugehörige Brennerei

Schraml – Die Steinwald-Brennerei e.K. Im Steinwald übt die Familie Schraml in sechster Generation das ihnen vom bayerischen Königshaus verliehene Brennrecht aus. Darin tief eingewoben fassgereifter Kornbrand, der bis dato älteste bekannte „Whisky“ deutschen Ursprungs. Weiterlesen

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Heinfried Tacke

Hier schreibt Heinfried Tacke, Begründer Whisky Guide Deutschland und Keeper of the Quaich.