You are currently viewing Was Sie schon immer über Alkohol wissen wollten… – Teil 2
  • Beitrags-Kategorie:Alkohol
  • Beitrags-Autor:
  • Lesedauer:8 min Lesezeit
  • Beitrag zuletzt geändert am:26. August 2023

Die Basis aller alkoholischen Getränke ist Ethanol, das auch Ethylalkohol genannt wird. Ethanol ist eines der ältesten und beliebtesten Genussmittel. Umgangssprachlich wird Ethanol oft als Trinkalkohol oder schlicht als Alkohol bezeichnet, wobei dieser Begriff – wie wir jetzt aus Teil 1 wissen – offiziell der gesamten organischen Stoffklasse „Alkohole“ vorenthalten ist, also eine große Anzahl verwandter Moleküle mit ähnlichen chemischen und strukturellen Eigenschaften beinhaltet, zu der auch das Ethanol zählt. Bisweilen finden sich in der älteren Literatur noch frühere Schreibweisen bzw. Bezeichnungen für Ethanol wie Äthanol, Äthylalkohol, Weingeist oder Spiritus. Aber, wir bleiben bei dem Namen Ethanol.

1. Chemische Grundlagen

Chemisch betrachtet handelt es sich bei Ethanol um einen einwertigen, primären und linearen Alkohol. Anders ausgedrückt und erklärt: Die einzige (= einwertig) OH-Gruppe steht am Ende (= primär) einer unverzweigten (= linear) Kohlenstoffkette. Kurz gesagt: C2H5OH = Ethanol. Dieses Ethanol ist eine klare, brennbare, farblose, angenehm riechende sowie brennend schmeckende Flüssigkeit, die sich einerseits unbegrenzt mit Wasser mischen lässt und andererseits auch in vielen organischen Lösungsmitteln löslich ist. Die gute Löslichkeit in Benzin beispielsweise macht man sich beim Bio-Ethanol als Kraftstoff für Autos zu Nutze.

2. Vom Volumen zur konsumierten Menge

Der Ethanolgehalt alkoholischer Getränke wird vom Hersteller in der Regel in Volumenprozent (%-Vol.) angegeben. Doch aufgepasst: Auf dem Etikett steht dort wiederum Alkohol und nicht Ethanol! Medizinisch gesehen ist die Menge an Ethanol in Gramm eher die aussagefähigere Größe, sodass sich eine Umrechnung empfiehlt. Den Zusammenhang, physikalisch betrachtet, zwischen der Masse und dem Volumen eines Stoffes stellt dessen Dichte dar. Nach kleinen mathematischen Umstellungen lässt sich die konsumierte Menge (= Masse) an reinem Ethanol in einem alkoholischen Getränk aus der Angabe der Volumenprozente auf dem Etikett, der Dichte von Ethanol (0,79 Gramm pro Milliliter bei 20°C) und dem konsumierten Volumen wie folgt berechnen:

MengeEthanol (in Gramm) = Volumenprozent/100 x 0,79 x Volumen (in Milliliter)

Die Formel und ihre Anwendung

Mit Hilfe dieser einfachen Formel lässt sich die Menge an Ethanol in jedem beliebigen Getränk bequem berechnen. Einige Beispiele von Getränken in gebräuchlichen Volumina sind in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt. Obwohl Weizenbier (5 %-Vol.) im Vergleich zu einem fassstarken Whisky (60 %-Vol.) in unserem Beispiel nur ein Zwölftel an Volumenprozente Alkohol aufweist, trinkt man vom Bier in der Regel ein deutlich größere Menge (= Volumen) nämlich 500 ml vs. 20 ml, sodass die konsumierte Menge an Ethanol im Bier (19,8 g) die in einem Dram hochprozentigen Whiskys (9,5 g) um mehr als das Doppelte übertrifft. Das gleiche gilt auch für Wein, insbesondere für schweren Rotwein. Denn ein Viertel (250 ml) Rotwein mit 14 %-Vol. Alkohol ist gleichbedeutend mit einer konsumierten Menge von 27,7 Gramm Ethanol. Im Vergleich dazu hat ein doppelter Whisky (40 ml) in Trinkstärke (43 %-Vol.) nur eine Menge von 13,6 Gramm Ethanol im Glas.

Durchschnittlicher Ethanolgehalt in Getränken:

GetränkVolumenprozentVolumenMenge Ethanol
Guinness4,2 %-Vol.440 ml14,6 g
Pils4,8 %-Vol.330 ml12,5 g
Weizenbier5,0 %-Vol.500 ml19,8 g
Sekt11 %-Vol.100 ml8,7 g
Rotwein14 %-Vol.250 ml27,7 g
Whisky40 %-Vol.20 ml6,3 g
Whisky (doppelter)43 %-Vol.40 ml13,6 g
Whisky (Fassstärke)60 %-Vol.20 ml9,5 g

Fazit: Die Menge machts

Aus medizinischer Sicht steht man dem Ethanol ambivalent gegenüber. Es ist zwar anregend und kann sich bei moderatem Konsum positiv auf den menschlichen Organismus auswirken sowie die körperliche Gesundheit günstig beeinflussen. Andererseits birgt es ein hohes Suchtpotenzial und kann bei übermäßigem Trinken größere gesundheitliche Schäden verursachen. Im menschlichen Organismus wird Ethanol von der Leber abgebaut. Bei größerem Konsum ist die Leber nicht mehr in der Lage, das Ethanol schnell genug abzubauen und es kommt zu Vergiftungserscheinungen.

Eine Empfehlung für die Gesundheit

Die Angabe eines Grenzwertes, ab dem die schädliche Wirkung von Ethanol gegenüber den positiven Effekten überwiegt, hängt von vielen Faktoren ab und kann daher pauschal nicht angegeben werden. Aus diesem Grund hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. eine Empfehlung ausgesprochen, nach der eine maximal tolerierbare Menge an Ethanol von 10 Gramm pro Tag für gesunde Frauen und 20 Gramm pro Tag für gesunde Männer angesehen wird. Dies darf jedoch nur als Empfehlung und keinesfalls als Aufforderung verstanden werden!

3. Was bedeutet „Ethanol landwirtschaftlichen Ursprungs“?

Wirft man einen Blick in die aktuell gültige EU-Spirituosenverordnung vom 17. April 2019, die die Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Kennzeichnung von Spirituosen in der Europäischen Union regelt, fällt folgender Paragraph ins Auge: „Um den Verbrauchererwartungen gerecht zu werden und traditionellen Herstellungsmethoden Rechnung zu tragen, sollten der Ethylalkohol und Destillate, die für die Herstellung von Spirituosen verwendet werden, ausschließlich landwirtschaftlichen Ursprungs sein“. Hier wird der Begriff „Ethanol aus landwirtschaftlichem Ursprung“ besonders betont. Was ist darunter zu verstehen?

Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs bedeutet, dass der Alkohol, also Ethanol, ausschließlich durch den natürlichen Vorgang der alkoholischen Gärung (Fermentation) von landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Getreide, Kartoffeln, Zuckerrüben oder Obst gewonnen und – im Falle von Spirituosen – anschließend destilliert wird. Wie wir wissen, werden während der alkoholischen Gärung kleine Zucker, wie z. B. Glucose, die in den landwirtschaftlichen Produkten enthalten sind bzw. aus ihnen durch Maischen gewonnen werden, von dem einzelligen Organismus, der Hefe, unter Sauerstoffausschluss hauptsächlich zu Ethanol und Kohlendioxid verstoffwechselt. In der Malt-Whiskybrennerei heißt das landwirtschaftliche Produkt Gerste, welches gemälzt und gemaischt wird. Dabei entstehen aus Getreidestärke diese kleinen Zucker, die von der Hefe in den sogenannten Washbacks zu Ethanol, genauer gesagt zu Ethanol landwirtschaftlichen Ursprungs, umgesetzt werden.

Die Unterscheidung zu Industriealkohol

Großtechnisch hingegen wird Ethanol in der Petrochemie hergestellt. Darunter versteht man die Herstellung von chemischen Produkten aus den fossilen Brennstoffen Erdöl und Erdgas. Das so zwischenzeitlich gewonnene Gas Ethen – eine wichtige Grundchemikalie in der Petrochemie – wird in einem zweiten Reaktionsschritt durch Anlagerung von Wasser mit Hilfe von Schwefelsäure als Katalysator zu Ethanol umgesetzt. Ethen leitet sich vom Gas Ethan ab, besitzt aber eine Doppelbindung zwischen den beiden Kohlenstoffen. Daher auch die Endung -en, die allgemein in der organischen Chemie eine Doppelbindung in einem Molekül signalisiert. Die chemische Formel von Ethen lautet C2H4. Addiert man Wasser (H2O) hinzu, erhält man Ethanol: C2H5OH. Ganz einfach. Dieses synthetisch gewonnene Ethanol wird auch Industriealkohol genannt und darf, gemäß der EU-Spirituosenverordnung, für die Herstellung von alkoholischen Getränken nicht verwendet werden.

Im nächsten Teil sehen wir uns dann ein paar sehr interessante Eigenschaften des Ethanols genauer an. Ich freue mich drauf.

Ähnliche Themen

Dr. Heinz Weinberger

Der promovierte Chemiker und Whisky-Connaisseur Dr. Heinz Weinberger befasst sich unter anderem mit den wissenschaftlichen Hintergründen und chemischen Vorgängen rund um das Thema Whisky.